Leuchtturm oder Heulboje? Wie wir uns selbst und andere kraftvoll durch diese Krise führen können
Die Corona-Krise hat die Welt weiter fest im Griff. Es bleibt nichts anderes übrig, als die Situation zu akzeptieren, sich damit zu arrangieren und das Beste daraus zu machen. Gerade Führungskräfte stehen vor der besonderen Herausforderung, ihre Teams meist virtuell durch diese Zeit voller Unsicherheiten und Unwägbarkeiten zu führen. Durch die Umsetzung der vier Bausteine guter Selbstführung wird Führung auch in Krisenzeiten deutlich kraftvoller.
„The most important impact has the inner space I am coming from.“
Martin Kalungu-Banda
Tag 14 im Lockdown und kein Ende in Sicht.
Liebgewonnene Selbstverständlichkeiten gelten nicht mehr. Was vor kurzem noch unvorstellbar schien, ist gegenwärtig unsere Realität, die stellenweise an einen Science-Fiction Film erinnert. Wir behelfen uns mit Zoom-Meetings, Online-Fitness und virtuellen Treffen mit Freunden und Familie. Wir navigieren uns und unsere Kinder mehr oder weniger erfolgreich durch ineinander verschwimmende Tage.
Gerade für Führungskräfte, die vielerorts im Home-Office arbeiten, gilt es jetzt, durch Klarheit, Authentizität und Zugewandtheit für Zuversicht und Orientierung bei den Mitarbeitern zu sorgen.
Wirksame Führung beginnt dabei mit guter Selbstführung:
Selbstführung ist die Fähigkeit, die eigene Intuition zu schulen, eine eigene innere Ausrichtung zu finden. Durch die Umsetzung der vier Bausteine guter Selbstführung wird Führung auch in Krisenzeiten deutlich kraftvoller.
Die Bedeutung guter Selbstführung
Selbstführung hilft uns dabei, die Wellen des Lebens mit mehr Leichtigkeit zu surfen und unsere Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen und zu nutzen. Die Frage ist: Wie tue ich in dieser Krise die richtigen Dinge? Wie unterscheide ich das Wesentliche vom Unwesentlichen?
Wenn ich Führerschaft über mich selbst erlange, einen inneren Kompass installiere, der mir Orientierung gibt, dann kann ich auch Vorbild für andere werden und kann Verantwortung leben. Dann werde ich durch meine Persönlichkeit zum größten Wirkfaktor und diene anderen als Leuchtturm.
Die vier Bausteine guter Selbstführung
Die Bausteine wirksamer Selbstführung können uns helfen, in dieser Zeit der Unsicherheit und Existenzangst wesentlich und wirksam zu agieren:
Selbstführung lässt sich sehr gut durch das Konzept des „Inneren Teams“ (von Prof. Schulz von Thun), also der Vielfalt an Stimmen, Anteilen und Regungen in mir, erfassen.
#1: Know yourself:
Wahre Integrität erlangen durch Selbsterkenntnis und Selbstakzeptanz
- Kenne ich mein „inneres Team“ und kann ich mich umfänglich und in allen Facetten akzeptieren, mit Licht und Schatten - vor allem auch die landläufig nicht so beliebten inneren Teammitglieder wie z.B. Angst, Traurigkeit, Aggression, Unsicherheit, Schuld oder Scham?
- Wie ist es gerade jetzt um den inneren Dialog bestellt? Wie gehe ich in dieser herausfordernden Zeit mit mir selbst um? Wertschätzend, ermutigend und freundlich oder abschätzig, hilflos und kritisch?
#2: Lead yourself:
Bewusst und stimmig mit meinen Emotionen umgehen
- Reagiere ich unter dem Stress der Corona-Krise noch stärker automatisch auf bestimmte Auslöser oder kann ich bewusst eine Pause einlegen, in der ich mich sammle, um wesens- und kontextgerecht auf eine bestimmte Situation zu antworten?
- Kenne ich meine „blinden Flecken“ und meinen emotionalen Rucksack und habe ich mich im Ernstfall im Griff? Welche „alten Gefühle“ werden gerade möglicherweise getriggert?
- Kann ich mich aus der kollektiven Angsthypnose, der wir gerade durch die Medien ausgesetzt sind, befreien, die Ereignisse selbst beobachten und meine eigenen Schlüsse ziehen? Kurz gesagt: Kann ich „bei mir“ bleiben?
- Führe ich mein inneres Team wie ein guter CEO? Gestalte ich mein Erleben, soweit das gerade möglich ist, oder werde ich gelebt?
- Kann ich das Potenzial vermeintlich negativer Gefühle konstruktiv nutzen? Wenn das gelingt, wird eine mögliche Wutenergie plötzlich zur entschlossenen Handlungskraft oder auch Angstenergie zur Innovationskraft. Wenn ich diese Gefühle allerdings negiere, unterdrücke oder in den inneren Keller sperre, kommen sie zu den unpassendsten Momenten zum Vorschein: Nicht gehörte Stimmen sagen unerhörte Dinge!
#Challenge yourself:
Mich auf das fokussieren, was ich beinflussen kann und erreichen will
- Bin ich trotz der Einschränkungen dazu in der Lage, meinen Möglichkeitenraum wahrzunehmen, das Beste daraus zu machen und gestalterisch unterwegs zu sein?
- Richte ich mich morgens bewusst auf den Tag aus und habe vielleicht ein stärkendes Morgenritual?
#Express yourself:
Meinen Körper als Powertool nutzen, denn Präsenz hat etwas mit Energie zu tun
- Bin ich mir der Wechselwirkung zwischen Psyche und Körper bewusst? Achte ich auf die Wirkung meiner Gedanken, wenn diese sich in der Grübel- und Sorgenspirale verfangen? Kann ich durch bewusste Defokussierung meiner Aufmerksamkeit aus dieser Spirale aussteigen?
- Kümmere ich mich gerade besonders bewusst um meine körperliche Gesundheit, indem ich auf gesunde, vollwertige Nahrung achte, viel Wasser trinke, ausreichend schlafe und mein Immunsystem stärke?
- Nutze ich Sport und Bewegung als wunderbares Mittel, um Spannungen abzubauen und in meine Mitte zu kommen?
- Finde ich das richtige Maß zwischen Anspannung und Entspannung, zwischen Aktivität und Pause?
Entscheidend ist gerade jetzt die Bewusstheit darüber, aus welchem „inneren Raum“ heraus ich agiere – ist dieser aufgeräumt, klar und stimmig ausgerichtet? Dann hole ich das Beste aus mir heraus – zum Wohle des Ganzen. Nur dann kann ich als echtes Vorbild, als Leuchtturm dienen für all die Menschen, mit denen ich gerade täglich zu tun habe.